Wilder Kaiser

Naturschutzgebiet Kaisergebirge und „wie kommt der Müll aus der Natur“?!

Veröffentlicht am

15. Juni 2022

von

Sabina Moser

„Leben im Naturschutzgebiet“ und „Nachhaltigkeit in der Natur“ waren die Themen, zu denen der Tourismusverband Wilder Kaiser am 24. Mai 2022 ins Riedhaus des Ellmauer Museumsweilers einlud. Franz Goller und Philipp Larch, die Beauftragten der Tiroler Schutzgebiete, darunter das „Naturschutzgebiet Kaisergebirge“, erzählten von ihren Aufgaben, die neben Öffentlichkeitsarbeit und der Erarbeitung von Schutzzielen vor allem Projekte des Natur- und Artenschutzes, Beratung zu Naturschutzförderungen, die Umsetzung von Pflegemaßnahmen, Erstellung von Managementplänen für Naturschutzgebiete und die Entwicklung der Schutzgebiete umfassen. Sie verstehen sich als Mittler zwischen der Natur, den Grundeigentümern sowie Behörden und den Menschen, die sich in den Schutzgebieten aufhalten. Deshalb veranstalten Franz und Philipp auch Naturführungen vor Ort. „Es geht uns um die Wertschätzung unserer schönen Natur und Umwelt, die wirklich einzigartig ist. Es muss auch nicht immer sein, dass etwas einen monetären Wert hat. Die Natur hat auch für sich selbst den Wert, zu existieren und wir sind Teil davon und brauchen die Natur. Jedoch nicht nur für unsere eigenen Belange. Die Leute sollen einfach wieder mit offenen Augen durch die Welt gehen. Sich Zeit nehmen, wäre hier ein ganz wichtiger Faktor.“
Einfach mal wieder innehalten und wahrnehmen, welches Schauspiel die Natur selbst bietet, anstatt einfach nur schnell den Gipfel zu stürmen oder mit dem Mountainbike über alles drüberzufahren. Dann entdeckt man neben schönen Wildblumen vielleicht auch besondere Tiere, die nur in unserem Naturschutzgebiet heimisch sind, wie der Smaragdfarbene Regenwurm oder die Gelbbauchunke. Auch einen Feuersalamander kann man dann mit aufmerksamen Blick vorbeihuschen sehen.
Nachdem Franz und Philipp neben ihrer Begeisterung für unsere Berge und Natur auch das zunehmende Problem mit achtlos zurückgelassenem Müll thematisierten und wie mühsam es oft ist, die Leute darauf anzusprechen, betrat Renate Steinacher aus Anif mit frischem Elan die Bühne. Die Salzburger Bergführerin hat genau diesen Frust vor drei Jahren zu einem spannenden Projekt gemacht.
#estutnichtweh – mit uns wandert der Müll vom Berg ins Tal“ lädt dazu ein, fremde Abfälle beim Wandern in der Natur einzusammeln und zu entsorgen, ohne Stress und Muss – eben einfach das machen, wozu man bereit ist, was aber viel bewirkt und auch ein gutes Vorbild abgibt. Damit das unkompliziert und hygienisch gelingt, hat die gelernte Marketingfrau Renate 3 geniale Werkzeuge entwickelt, die man immer dabeihaben kann: das Drecksackerl aus recyceltem Material, dazu ein hölzernes Mistzangerl und das Tschickdoserl, der kleine Taschenaschenbecher für die Gipfelzigarette und die Tschicks auf dem Weg dahin!
In der Natur zurückgelassene Zigarettenstummel richten nämlich einen verheerenden Schaden an, wie folgende erschreckende Zahlen aufzeigen:
Von den weltweit jährlich 5,6 Billionen gerauchten Zigaretten landen 4,5 Billionen in Straßen, Parks und Flüssen, auf Bergen und in den Ozeanen. Nicht nur, dass so ein Tschickrest mindestens 50 krebserregende Substanzen enthält, auf seinem Weg durch die Natur, weggeschwemmt durch den Regen vergiftet er etwa 40 Liter Grundwasser – ein einziger Zigarettenstummel!! Gibt man ihn in einen Kübel Wasser und eine lebende Forelle dazu, dann ist die innerhalb von 4 Tagen tot. Doch der Tschickstummel selbst ist, wie so vieles, das wir achtlos wegwerfen, nicht so schnell hin. Er braucht 5 bis 7 Jahre, um zu verrotten. Hmmmhh.
Das nächste, genauso große Problem ist Plastik. Wir alle nehmen täglich kleine Dosen Mikroplastik in irgendeiner Form zu uns, weil es bereits in der Nahrungskette drin ist, auch durch die weggeworfenen Flaschen, die sich zu Mikroplastik zersetzen, das dann über Boden und Wasser in unsere Körper gelangt und viele Tiere, die Plastikteile fressen, qualvoll umbringt. Plastik braucht geschätzte 300 bis 500 Jahre, um zu verrotten.
Glas ist als Material quasi unkaputtbar, aber, wenn es zerbricht, wieder ein großes Verletzungsrisiko für Mensch und Tier. Hat an heißen Tagen auch erfolgreich zahlreiche Waldbrände entfacht.
Zu den am meisten in der Natur weggeworfenen Dingen zählen Dosen aus Weißblech oder Aluminium. Bis sie verrotten (Weißblech braucht ca. 50 Jahre, Aluminium bringt es auf 500 Jahre), verschandeln sie nicht nur die Landschaft, sondern lauern gern an Wegrändern unter Sträuchern und reißen mit rostigen Rändern tiefe Wunden in Barfußsohlen oder Tiergebein.
Nein, wir sind leider noch nicht fertig.
Auch die gute alte Bananenschale gehört nicht als Deko auf den Fels, sondern wieder mitgenommen. Erstens dauert es auch Jahre, bis sie sich tatsächlich zersetzt, und dann wächst sie bei uns ja nicht nach und ist durch Pestizide und Aufkleber auch für Tiere kein gesunder Snack. Generell gilt hier: nur die Reste von Obst und Gemüse, das bei uns gedeiht, können in der Natur eventuell entsorgt werden.
Zum Schluss noch ein Wort zu Kot, Gassisackerln und Papier-Taschentüchern. Diese enthalten nämlich durchwegs Bleichmittel und chemische Substanzen und brauchen daher auch bis zu 5 Jahren zum Verrotten. Daher für unterwegs besser WC-Papier (wenn möglich aus Recycling-Papier) im Rucksack dabeihaben. Und Gassisackerl gehören auch nicht in Wald und Wiese oder neben einer Rastbank entsorgt, sondern brav zum nächsten echten Müllbehälter transportiert.
Die gute Nachricht ist, mit dem kleinen Mülleinsammel-Kit von #estutnichtweh kann man im Handumdrehen bei der nächsten Wanderung eine gute Tat für unsere Natur und die eigene Gesundheit leisten und dabei sogar Spaß haben!
weitere Infos zu Verein und Teilnahme: www.estutnichtweh.org

Naturschutzgebiet Kaisergebirge: http://www.tiroler-schutzgebiete.at

Fotocredits: @Andreas Langreiter: Naturführungen; @Franz Goller: Naturschutzgebiet; @Bergschule Wandererlebnis: Renate Steinacher und Müll in der Landschaft

Schlagworte
Diesen Beitrag teilen
Coole Zahl
0