Thomas und Anett Niedermühlbichler haben mit ihren Kindern Klara (10), Albert (12) und Thomas (14) im Reischhof gleich gegenüber ihres abgebrannten Zuhauses eine „Herberge“ gefunden, nachdem sie in der Nacht vom 16. Oktober 2023 all ihr Hab und Gut verloren haben. Wenn sie sich an diese Schicksalsnacht erinnern, in der kurz vor 22 Uhr der Kurzschluss eines Luftdruckkompressors den verheerenden Brand auslöste, dann fallen ihnen all die helfenden Hände und Menschen ein, die dafür sorgten, dass bereits während der Feuerlöschung alles in die Wege geleitet wurde, damit die Familie und ihr Vieh Unterschlupf finden. Ein Teil der Kühe und das Jungvieh war über Nacht auf der Weide draußen, 16 Milchkühe und vier junge Kälber aber im Stall. Diese wurden vom jungen Thomas, während der Brand auf alle Gebäude übergriff, am Zaum hinausgeführt, während sein Vater die Kühe auf die Weide trieb. Um die dringende Frage, wo er seine Tiere am nächsten Morgen melken würde, kümmerten sich einige Feuerwehrmänner, die selbst Bauern sind und organisierten, dass der „Eiberg Sepp“ aus Söll um Eins in der Früh mit einem LKW und Viehanhänger kam, auf den mit Hilfe von Familie, Nachbarn und Freunden die Tiere trotz des Feuers in großer Ruhe verladen wurden, damit sie selbst ruhig bleiben. Dann wurden die Kühe auf die Schmiedalpe der Familie Mayr am Hartkaiser gefahren. In der Zwischenzeit hatte Thomas junior das restliche Vieh auf der Weide gesammelt und mit Helfern einen neuen Zaun mit Strom hergestellt. Die Kälber wurden vom Biedringbauern Roland Salvenmoser gleich in seinem Stall aufgenommen und er übernahm auch eine kranke Kuh und pflegte sie gesund. Der Pfitscherbauer Thomas Niedermühlbichler hat selbst zehn Tage auf der Schmiedalm geschlafen und die Kühe gemolken, bevor sie auf fünf Höfe über den Winter aufgeteilt wurden: auf Biedring, Oberkaisern, zwei Bauernhöfe am Achleitberg in Söll und einen Hof in Schwoich. Die 17 Stück Jungvieh, die auf der Weide waren, haben in Egg bei Hochschwendt am Faistenbichl ein Winterquartier gefunden, wo sich Thomas selbst jeden Tag um sie kümmert und sie versorgt. Da auch das gesamte Winterfutter und Heu durch Feuer und Löscharbeiten vernichtet wurden, startete die Ortsbauernschaft sofort einen Aufruf zur Heulieferung mit Zusagen bis Februar.
„Wir haben so viel Solidarität in Ellmau und der Region erfahren“, sind sich Anett und Thomas einig, „auch behördlich, von der Landwirtschaftskammer und der Gemeinde. Dazu all die Freunde und Bekannte, sogar Hausgäste haben uns ihre Unterstützung zugesichert. Deshalb können wir trotz des großen Verlustes sagen, es geht uns gut.“
In der Brandnacht hat der 14jährige Thomas, der selbst schon bei der Jung-Feuerwehr ist, noch bis 3 Uhr in der Früh Schläuche zusammengelegt. Während des gewaltigen Feuers waren ja sieben B-Schläuche vom Golfteich her angeschlossen und zwei weitere am Hydranten. Auch sein Bruder Albert hat bis Mitternacht mitgeholfen und dann bei einem Freund übernachtet, während die junge Klara im Rettungswagen im Warmen war, nachdem sie von ihrer Mutter geweckt wurde. Überhaupt hat Anett mit großer Geistesgegenwart reagiert und konnte noch rechtzeitig alle Handys, Ladegeräte, Laptops und Pässe der Familie sowie wichtige Unterlagen aus dem Haus retten. Das von Thomas Niedermühlbichler betriebene Hackschnitzelheizwerk ist schon 30 Stunden nach dem Brand wieder gelaufen, weil die Anlage selbst in einem eigenen geschützten Heizraum war und an die bestehende Leitung ein Leihgerät angeschlossen werden konnte. Die Anlage arbeitet nun mit Holzpellets, aber bereits im Frühjahr 2024, wenn als erstes eine neue Halle gebaut wird, soll darin auch ein neues Hackschnitzelwerk seinen Betrieb aufnehmen.
Auch wenn es Dank des Großeinsatzes von 6 Feuerwehren aus dem Bezirk mit insgesamt 160 Mann unter Kommandant Bernhard Moser, die über 12 Stunden lang bis zum nächsten Mittag das Feuer bekämpften, gelang, dass der Brand nicht auf Nachbarhäuser übergriff und die Pfitscherfamilie sowie all ihre Tiere, bis auf eine alte Katze, nicht zu Schaden kamen, so haben die Niedermühlbichlers doch alles Materielle ihres bisherigen Lebens verloren. Ihnen blieben nur die Kleider am Leib und auch die mussten nach dem Brand entsorgt werden. Deshalb ist es Anett und Thomas sehr wichtig, für all die rasche Hilfe zu danken, die sie von allen Seiten erfuhren.
„Der Lierstätt Sepp hat gleich am nächsten Tag einen Traktor hergestellt, vom Schmiedbauer, dem Hofer Andi, hab ich gleich ein Gewand bekommen“, erinnert sich Thomas, „überhaupt hat uns die heimische Bauernschaft unterstützt, wo es nur ging. So mussten ja die 30 Stück Vieh ständig hin und her gefahren werden, dazu das Heu liefern. Und die Bäuerinnen haben schon in der Brandnacht hier eine Labestation aufgebaut und zwei Tage lang alle Leute verpflegt. Ein ganz besonderer Dank geht dabei auch an Michaela und Toni Adriouich vom Kaiserbad, die uns tage- und wochenlang bekocht und auch die Arbeiter an der Brandstelle zum Essen eingeladen haben. Aus dem Freundeskreis möchten wir besonders Sandra und Patrick Reiter, Julia und Reini vom Ritterhof und Katrin und Martin Salvenmoser erwähnen, die uns tagelang bei allem geholfen haben. Dazu noch viele andere, Nachbarn, die uns täglich Körbe mit Gebäck, Käse, Butter und mehr vor die Tür gestellt und uns damit gezeigt haben: Ihr steht nicht allein da!“
Anett ergänzt „die Sandra ist zehn Tage lang nicht von meiner Seite gewichen und hat ihre eigene Familie vernachlässigt, um mir von früh bis spät bei allem Organisatorischen zu helfen. Die Rübezahl-Wirtsleute haben auch gleich nach dem Brand eine Feldküche hier aufgebaut, der Ritterhof und die Lierstätt Maria haben Frühstück gebracht. Viele Bäuerinnen kamen mit Knödeln, Suppen, Salaten und Kuchen, wir wurden von allen Seiten versorgt.“
Am zweiten Tag nach dem Brand hat sich auch Landeshauptmann Toni Mattle telefonisch bei Anett gemeldet und ihr seine private Nummer gegeben. Ein großer Glücksfall mitten im großen Unglück ist die Wohnung im Reischhof gleich gegenüber ihres eigenen Hofes, die sie nach der ersten Unterkunft bei der Mutter und Schwester von Thomas beziehen konnten. Hier kommt die Familie zur Ruhe, bevor sie 2024 mit dem Wiederaufbau des Hofes beginnt.
Die Fotos dokumentieren das Ausmaß des Brandes, zeigen den Hof zuvor und werden durch Aufnahmen des Neubaus des Pfitscherhofs mit seinen Nebengebäuden laufend ergänzt…